„Welche Zukunft uns erwartet, wird entscheidend davon abhängen, welche Akteure in die Gestaltung von Mobilität und Transport mit Drohnen einbezogen werden“

Kerstin Fritzsche vom IASS Potsdam zur Zukunft von Transport- und Passagierdrohnen in Deutschland.

In den nächsten Wochen befragen wir Mitglieder unseres Expertenbeirats sowie weitere Expertinnen und Experten zu ihrer Einschätzung der Zukunft von Transport- und Passagierdrohnen in deutschen Städten. Wo sehen sie mögliche Chancen und Risiken und wie könnte der Luftverkehr im Jahr 2030 aussehen?

© Ostermann/IASS

Kerstin Fritzsche, Senior Wissenschaftliche Mitarbeiterin im Bereich Digitalisierung und Nachhaltigkeit am IASS Potsdam zur Zukunft von Transport- und Passagierdrohnen in Deutschland.

1. Was ist ihr Bezug zu Drohnen, persönlich oder in Ihrer Arbeit?

In meiner Arbeit beschäftige ich mich mit den Folgen der Digitalisierung für Gesellschaft und Umwelt. Dabei ist eine zentrale Frage, welche Technologien gesellschaftlich erwünscht und wünschenswert sind. Diese Frage ist nicht einfach zu beantworten, denn technologische Entwicklungen werden oft mit starken Hoffnungen, aber auch Befürchtungen verbunden. Drohnen, die oft als die „Digitalisierung der Lüfte“ bezeichnet werden, sind eine Technologie, die in den letzten Jahren besonders kontrovers diskutiert wurde.  

2. Wo sehen Sie die größten Chancen und Potenziale der Nutzung von Paket- und Passagierdrohnen in Deutschland?

Das größte Potenzial von Drohnen sehe ich da, wo sie Lücken in der Infrastruktur flexibel überbrücken oder sinnvolle Alternativen zu bestehenden Lösungen bieten. Damit ist keinesfalls gemeint, den Transport von Paketen aufgrund der immer größeren Auslastung der Straße nun in die Luft zu verlagern. Vielmehr geht es um Einsätze in Notfall- oder Katastrophensituationen. Vor allem in entlegenen oder von der Außenwelt abgeschnittenen Regionen können Drohnen ein wichtiges Hilfsmittel sein, um Medikamente oder Ersatzteile schnell und kostengünstig zu liefern. 

3. Was sind für Sie die größten Probleme und Risiken dieser speziellen Nutzung von Drohnen?

Das Szenario, dass Paket- und Passagierdrohnen flächendeckend eingesetzt werden und den Luftraum über unseren Köpfen kolonisieren, halte ich für die nahe Zukunft noch nicht für realistisch. Bis es soweit ist müssten in Deutschland noch zu viele technische und regulative Herausforderungen gemeistert und zudem eine breite Akzeptanz in der Bevölkerung geschaffen werden. Hier vermute ich wird es große Widerstände und Sicherheitsbedenken geben.

Viel greifbarer und wesentlich problematischer sehe ich den kommerziellen Einsatz von Passagierdrohnen in einem begrenzten, aber gehobenen Segment der Personenbeförderung, beispielsweise für Strecken zwischen Flughäfen und Innenstädten oder für touristische Zwecke. Lassen sich solche Konzepte – vor allem wenn sie stark nachgefragt werden – wirklich mit dem Gemeinwohl in Einklang bringen? Gerade vor dem Hintergrund der Diskussion um nachhaltige, inklusive und an städtischer Lebensqualität orientierte Mobilitätskonzepte sollte genau überlegt werden, welche Rolle Drohnen dabei spielen sollen – und welche nicht. 

Wie sehen Sie die Rolle von Transport-Drohnen in Deutschland im Jahr 2030?

Für die Rolle von Paket- und Passagierdrohnen im Jahr 2030 kann ich mir sehr unterschiedliche Zukünfte vorstellen. Vor allem im Bereich der Passagierdrohnen könnten Komfort- und Erlebnisnischen für zahlkräftige Kunden entstehen, die an den Interessen der Allgemeinheit vorbeigehen. Welche Zukunft uns in Hinblick auf Drohnen erwartet, wird daher entscheidend davon abhängen, welche Akteure in die Gestaltung von Mobilität und Transport durch Drohnen einbezogen werden und welche Werte und Ziele sie dafür zugrunde legen.

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